Rezension zu Ekel als Folge traumatischer Erfahrungen
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Rezension von Nina Schulze
Das Buch »Ekel als Folge traumatischer Erfahrungen« ist ein Produkt
der ersten Fachtagung zum Hauptthema Ekel in der
Psychotraumatologie. Hierin wird ein Gefühl näher beleuchtet, dass
in der Psychologie bisher sträflich vernachlässigt wurde. Dabei ist
Ekel eine häufig empfundene Emotion, die grundlegend eine
Schutzfunktion des Organismus darstellt. Ekel tritt im Alltag
andauernd auf, wird aber nicht immer bewusst wahrgenommen. Gerade
bei traumatischen Ereignissen ist Ekel häufig eine direkte Folge,
daher sollte diese Emotion eine zentrale Rolle in der
Psychotherapie bekommen. Dieses Buch leistet einen Beitrag zur
Erforschung vom und vom Umgang mit Ekel und stellt eine unheimliche
Bereicherung des psychotherapeutischen Alltags dar.
Der erste Abschnitt des Buches bildet das Fundament zum Verständnis
der weiteren Kapitel. Hier wird der Ekel von allen Seiten
betrachtet, es ergibt sich ein erstaunlich ausführlicher Überblick,
der erfreulicherweise auch durch aktuelle Forschungsergebnisse
gefestigt wird. Der psychodynamische Hintergrund der Tagung wird
deutlich, aber auch Therapeuten aus anderen therapeutischen
Richtlinien können hier viel über die vernachlässigte Emotion Ekel
lernen. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit konkreten
Anregungen für die psychotherapeutische Praxis, viele Fallbeispiele
zeigen einen professionellen und heilsamen Umgang mit Ekelgefühlen
auf. Der dritte Teil des Buches schließt sich der praktischen
Orientierung nahtlos an, während im vierten Teil wieder
Forschungsergebnisse im Vordergrund stehen. Hier wird es wieder
sehr theoretisch/statistisch, allerdings weiterhin sehr anschaulich
aufgrund des vielen Bildmaterials und der Fragebögen. Teil fünf
konzentriert sich wieder auf therapeutische Möglichkeiten, während
der sechste und letzte Teil des Buches spannenderweise aus
Selbstberichten von zwei Patienten besteht, die von ihren
individuellen Erfahrungen in der Psychotherapie und den Umgang mit
Ekelgefühlen berichten. Besonders dieser letzte Teil bietet eine
wertvolle Innensicht, die Patienten berichten von sehr persönlichen
Gefühlen, die Kapitel zeugen von großer Überwindung.
Insgesamt liest sich das Buch – obwohl es von sehr vielen
verschiedenen Autoren geschrieben wurde – sehr flüssig. Der Stil
variiert natürlich von Kapitel zu Kapitel, doch scheinen die
einzelnen Autoren sowohl inhaltlich als auch formal sehr eng
beieinander zu liegen, so dass das Buch sehr homogen wirkt. Die
große Fülle von Anschauungsmaterial (Fotos, Tabellen, Fragebögen,
Grafiken, Gedichte) fördern das Verstehen ungemein, erleichtern das
Lesen und bilden Eindrücke, die der Text so nicht wiedergeben
könnte, wie beispielsweise Selbstportraits oder das Körperbild
einer Patientin. Zu beachten ist hier besonders der Exkurs zum
Thema »Ekel in der Kunst«. Auffallend ist die Gründlichkeit, mit
der die Emotion Ekel exploriert wird. Die empirische Forschung wird
von Experimenten über neurologische Untersuchungen bis hin zu
klinischen Studien vorgestellt, die Therapieansätze zeigen neben
der Psychoanalyse auch Methoden aus der Körpertherapie. Besonders
spannend waren für mich die Beschreibungen zur Inszenierungsarbeit,
mit der ich bisher keinen Kontakt hatte.
Anfangs war ich skeptisch ob ich als Verhaltenstherapeutin von
einem so offensichtlich psychoanalytisch basierten Buch profitieren
könnte, doch schon nach dem ersten Kapitel waren meine Zweifel
ausgeräumt. Das Buch bietet viele Denkansätze, regt zur
Selbstreflexion an und bietet einen sehr eindrücklichen Zugang zu
einer Emotion, die bisher wenig Beachtung fand. Ich bin gespannt ob
es eine weitere Fachtagung zu diesem Thema geben wird!
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