Rezension zu Trauma und kollektives Gedächtnis (PDF-E-Book)

Gnostika November 2009

Kollektives Gedächtnis und Trauma als Begriffe sind mittlerweile ein fester Bestandteil kultureller Diskurse geworden. Die Autorin arbeitet sich über Freud und Maurice Halbwachs bis zu Aleida und Jan Assmann vor, um den Zusammenhang zwischen einem Kollektiv und einem Trauma darzustellen. Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, ob auch ein Kollektiv so etwas wie ein Trauma entwickeln könne. Der Begriff »Kollektivschuld« und die in den letzten Jahren stark erweiterte Holocaustforschung vermag dies thematisch aber näher einzugrenzen und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Spannend wäre der Bezug zu den Arbeiten C. G. Jungs gewesen, der eine Theorie des kollektiven Unbewussten entwickelte und ausgeweitet hat, die erklärend und empirisch falsifizierbar auf die Gedächtnistheorie anwendbar wäre. Die Autorin beklagt richtigerweise, dass der Begriff »haunting« (S. 286) im Sinne von »gespenstisch«, »Gespenster«, jenen also, die Orte aufsuchen, wo sie gewaltsam zu Tode kamen, nur unzulänglich im Deutschen wiedergegeben werden kann und wichtig für das Thema wäre. Sie übersieht aber einen möglichen Bezug zu Jacques Derrida, der eine Gespenster-Archiv-Philosophie entwickelte, die weitere Aspekte des kollektiven Traumas erhellen könnte. So gewiss es ist, dass die Fragen dieses Buches für Konflikt- und Zukunftsforschung immer wesentlicher werden, so sehr kann die Arbeit auch eine Ausgangsbasis für weitere Diskussion bieten.

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