Rezension zu Erich Fromm als Therapeut

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Rezension von Till Mertens

Das Buch ist in vier Kapitel unterteilt und setzt sich im dadurch zusammen, dass im ersten Kapitel Fromm persönlich zu Wort kommt und über seine Ansätze zur Psychoanalyse erzählt, die drei anderen teile sind von Fromms Schülern, unter anderen Rainer Funke, George D. Goldman und Jorge Silva Garcia geschrieben.

Im ersten Kapitel spricht Fromm davon, dass wir ein gesamtes, ganzes Unterbewusstsein haben. Alles ist in uns und alles wissen wir, doch wir wissen nichts. Wenn wir uns etwas bewusst werden, es in unser Bewusstsein vordringt, muss es schon vorher dort gewesen sein. Wir müssen es also schon vorher, zwar unbewusst, doch gewusst haben. Auch spricht er unteranderen von der Individuellen und gesellschaftlichen Verdrängung. Ein Kind, was sehr von von seiner Mutter wegen etwas vermeintlich bösem getadelt wird, tut dies böse nicht mehr. Die Gesellschaft an sich unterstützt oder behindert die Mutter wenigstens nicht, dieses Verhalten zu tadeln und trägt so zu dem Verhalten des Kindes bei. Im nächsten Abschnitt geht es bei Fromm um die Entfremdung, die wir durchleben. Sei es, dass wir unsere Phantasie oder Vorstellung auf einen Held oder einen »Götze« projizieren oder sei es eine Projektion unseres Willen auf ein viel grßeres Konstrukt wie die Bürokratie oder Atombombe, die unseren Vorstellungen, Berechnungen und Erwartungen entwachsen ist und uns einen Strich durch unsere Berechnungen gemacht hat.

Doch verlassen wir nun den ganz engen am Text orientierten Rahmen und wenden uns nun Erich Fromms Psychoanalyse zu. Fromm vertrat eine von Freud unterschiedliche Ansicht zur Psychoanalyse. Wie Freud sah er das Ziel der Psychoanalyse darin, den Menschen zu einem bisher verborgenen Ganzen werden zu lassen, ihm seine Probleme vor Augen zu führen. Aber es ist nicht auf die Erforschung der Vergangenheit beschränkt, diese hat den Sinn, dass der Patient die Gegenwart leicht versteht und die Gegenwart leichter erleben kann. Sie beschränkt sich auch nicht auf das kindliche Verhalten Nach Fromm ist es eine der wichtigsten Vorraussetzungen zum Verstehen des Patienten, dass der Therapeut sich in den Patienten hineinversetzen kann. Sich selbst auf den Patienten projizieren kann und selber das erleben kann, was der Patient gerade fühlt. Man muss sich erst selbst verstehen, um den Patienten zu verstehen. Ganz wichtig ist für Fromm die Bezogenheit aus der Mitte, die er mit der sexuellen Liebe vergleich. Es geht um eine Bezogenheit von der Mitte, des Therapeuten, zur Mitte, des Patienten, und nicht nur von einer Oberfläche zur anderen. Einer der wichtigsten therapeutischen Wirkfaktoren ist nach Erich Fromm dass herstellen von einem therapeutischen Raum, der keine Scheinwelt ist, wie die äußere Welt. Dort ist alles real und wirklich es gibt nichts fiktives.
Dies ist nach dem Wunsch des Patienten wirklich therapiert werden zu wollen eines der wichtigsten Wirkfaktoren.

Im Gegensatz zu Freud meint Fromm wenn er von Trauma spricht, »einen fortdauernden Prozess, bei dem eine Erfahrung auf die andere folgt, so dass schließlich ein ganzer Turm von aufeinander aufgeschichteten Erfahrungen entsteht und es, vergleichbar in bestimmter Hinsicht mit den Kriegsneurosen, schließlich zu einem Zerreißpunkt komm und der Patient erkrankt«. Nach Freud ist das Trauma mehr sexueller Natur. Erich Fromm brach auch mit der Weise der Psychoanalyse, in der der Therapeut nur schweigend dem Patienten zuhört und kein Kommentar, oder nur geringe abgibt. Diese Weise betrachtete er als zu wenig ergibt und zu einseitig. Eine wirkliche therapeutische Beziehung könne so nicht hergestellt werden.

Nun da ich vom ersten Teil des Buches geschrieben habe und versucht habe Fromms Ansichten und Eigenarten herauszuarbeiten, sowie einige Unterschiede zu Freuds psychoanalytischer Therapie darzustellen möchte ich auf den zweiten Teil des Buchs kommen.
Dieser Teil des Buches lässt Freunde und Wegbegleiter Fromms zu Wort kommen und gibt Einsicht darin, wie diese Erich Fromm als Psychotherapeut und Menschen erlebt haben.
Fromm floh aus Deutschland und lehrte erst in den USA und danach in Mexiko, bevor er sich nach Locarno in die Schweiz zurückzog. Zuerst berichtet Rainer Funke, der Autor des Buches, über seine erste Begegnung mir Erich Fromm in der Schweiz. Er erfasst Fromm als bedeutenden Menschen und einen, der einen nicht durch die Größe seiner Erscheinung fängt, sondern als einen, der mit seiner Präsens alleine schon die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Von den anderen Autoren wird er als lebendigster, wachster, ein Mensch der voller geistiger Energie steckt beschrieben, der selbst im hohen Alter noch einen sehr regen Geist hatte. Die anderen Autoren waren entweder Schüler von Erich Fromm oder er betreute sie als Supervisor. Von ihnen wird Fromm als Mensch beschrieben, der sich seinem Gegenüber ganz und gar widmet und seine ganze Aufmerksamkeit auf das zu lösende Problem richtet. Er gab den Menschen das Gefühl das er sich ganz mit ihren Probleme beschäftigte auch wenn er diese teilweise in seiner Wohnung traf und nur mit ihnen zum Mittag aß. Der Zweite Teil gibt einen sehr wichtigen Einblick darin, wie Erich Fromm von seinen Schüler beschrieben wird und wie man sich den Menschen Erich Fromm vorstellen darf. Es zeigt sehr gut wie sich Erich Fromm als Supervisor verstand und es werden eine große Zahl von wertvollen Tips beschrieben, die Fromm seinen Schülern gab um diese bei schwierigen Probleme zu unterstützen und ihnen einen Weg aufzuzeigen, wie er ihn für richtig hielt.

Insgesamt gibt das Buch Erich Fromm als Therapeut einen sehr guten Einblick in die Psychoanalyse wie sie Fromm verstand, aber auch im Allgemeinen. Ich habe aus dem Buch sehr viele wertvolle Anregungen bekommen und neue Sichtweisen kennengelernt, die mir einen tieferen Einblick in die Psychoanalyse gegeben haben. Das Buch kann ich rundherraus empfehlen als Vertiefungsliteratur zu einem Psychologiestudium, aber auch für jeden, der sich für den Autor von »Haben und Sein«, Erich Fromm, interessiert und einen Einblick in seine Psychoanalyse bekommen möchte.

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