Rezension zu Wenn Kinder Völkermord überleben
...
Rezension von Prof. Vamik D. Volkan
Suzanne Kaplans Buch konzentriert sich hauptsächlich auf Kinder,
die während des Holocaust in Konzentrationslagern lebten oder
untergetaucht waren. Die Tiefeninterviews der Autorin mit diesen
Einzelpersonen, die nun über 70 waren, veranschaulicht deutlich die
lebenslangen seelischen Narben, die extreme Kindheitstraumata
hinterlassen. Dieser Schwerpunkt auf überlebenden Kindern
unterscheidet Suzanne Kaplans Buch von vielen anderen bedeutenden
psychoanalytischen Studien zu holocaustbezogenen Themen. Ihr
Material lehrt uns, wie jüdische Kinder unter der Naziherrschaft
ihre Identität verschleierten, ihr Alter verfälschten und ihre
eigenen »Räume« schufen, um körperlich und seelisch zu überleben.
Ihre Teddys und Eltern wurden ihnen genommen, sie erlebten zum
ersten Mal, wie ihre Väter weinten, oder tote Menschen, die das
nicht konnten. Affekte überwältigen ihre Innenwelt und verursachten
einen Generationenzerfall. Frauen, die selbst überlebende Kinder
waren, neigten entweder dazu, auf eigene Kinder zu verzichten, oder
sie zogen es vor, viele Kinder zu bekommen.
Kaplans Arbeit in Ruanda liefert einen Vergleich zwischen den
unmittelbaren Folgen eines Völkermordtraumas und den von den
überlebenden Kindern des Holocaust vorgelegten Erfahrungen. Die
theoretischen Konzeptualisierugnen, die sie aus ihren Interviews
und anderen Beobachtungen zu diesen Situationen ableitet,
durchsetzen ihre Anregungen zu technischen Strategien, die wir
anwenden könnten, um extrem traumatisierte Personen zu behandeln.
Das macht dieses Buch nicht nur für Psychoanalytiker bedeutsam,
sondern für alle, die sich mit der Traumaforschung befassen.
Darüber hinaus erinnern uns seine bewegenden Geschichten einmal
mehr an die dunkle Seite der Menschheit gestern und heute und an
unsere Pflicht, sie in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu
erhellen.