Vera Kattermann
Kollektive Vergangenheitsbearbeitung in Südafrika
Ein psychoanalytischer Verständnisversuch der Wahrheits- und Versöhnungskommission

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Buchreihe: Haland & Wirth
Verlag: Psychosozial-Verlag
365 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
Erschienen im Juni 2007
ISBN-13: 978-3-8980-6599-3, Bestell-Nr.: 599
Mit einem Vorwort von Marianne Leuzinger-Bohleber
Die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission gilt als
einzigartiges Modell kollektiver Auseinandersetzung nach
gesellschaftlichen Traumatisierungen. Ihr Beispiel macht die
Vielzahl der damit verbundenen Aufgaben im Spannungsfeld zwischen
Heilung, Bestrafung und Versöhnung deutlich. Im
Nachapartheid-Südafrika lud sich die Bearbeitung der sozialen
Konflikte als eigentlichen Schuldkonflikten immer wieder paradoxal
auf.
Vera Kattermann schlüsselt in ihrer psychoanalytischen Untersuchung
von Anhörungsprotokollen der Wahrheitskommission sowohl manifeste
als auch latente Bearbeitungsansätze für diese Konflikte auf. Dabei
wird die Verwobenheit individueller und institutioneller
Bearbeitungs- und Abwehrprozesse transparent. Im Rückbezug auf die
deutsche Vergangenheitsbearbeitung eröffnen sich so neue Einblicke
in die Möglichkeiten und Grenzen kollektiver Erinnerungsarbeit.
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Danksagung
1. Einleitung
1.1. Südafrika: von der
gespaltenen Gesellschaft zur befriedeten Nation?
1.2. Kurzer Überblick über die Forschungsarbeit
1.3. Zum Sprachgebrauch in der vorliegenden Arbeit
2. Kollektives Bearbeiten traumatischer Vergangenheit –
eine Annäherung an das Forschungsgebiet
2.1.
»Vergangenheitsbewältigung«: eine Begriffsklärung
2.2. Erinnerndes Subjekt, erinnernde Gesellschaft
2.3. Das soziale Gedächtnis: Funktionen und
Funktionalisierungen
2.4. Implikationen für die Untersuchung der südafrikanischen
Wahrheitskommission
3. Einige Überlegungen zu Übertragungsdispositionen und
Gegenübertragungsreaktionen im vorliegenden Forschungskontext
4. Einblicke in die Geschichte Südafrikas: vom kolonialen Konflikt
zur Regenbogennation
4.1. Geschichte der Kolonisation:
Mandelhecke und »Konzentrationslager«
4.2. Die Apartheidjahre: gesellschaftliche Spaltung und
gewalttätiger Befreiungskampf
4.3. Das Ende der Apartheid – Ringen um einen politischen
Kompromiss
4.4. Das Nachapartheid-Südafrika: die neue
»Regenbogengesellschaft«
4.5. Historische Akzente für die Untersuchung der
Wahrheitskommission
5. Die Wahrheitskommission – institutionelle Konzeption und
gesellschaftliche Bedeutung
5.1. Die Anatomie einer
gesellschaftlichen Konfliktlösung
5.1.1. Das Komitee zur Bearbeitung von
Menschenrechtsverletzungen
5.1.2. Das Amnestierungskomitee
5.1.3. Das Komitee für Wiedergutmachungsleistungen
5.1.4. Die Arbeitsweise der Wahrheitskommission
5.2. Die gesellschaftliche Bedeutung der Wahrheitskommission
5.2.1. Die Wahrheitskommission – ein »nationaltherapeutisches«
Unterfangen?
5.2.2. Die Wahrheitskommission – Bearbeitung eines sozialen Dramas
(Turner)?
5.2.3. Die Wahrheitskommission – Bearbeitung eines kolonialen
Dramas (Fanon)?
5.2.4. Das koloniale Drama als Kampf um Anerkennung (Honneth)?
5.2.5 Zwischenbetrachtung: das soziale Drama als gewalttätige
Befreiung von kolonialer Missachtung
5.2.6. Wiederholen als Teil der Erinnerungsarbeit?
5.2.7. Die Wahrheitskommission – die gesellschaftlicher Produktion
von Unbewusstheit (Erdheim)?
5.3. Zusammenfassung und Fragen an das Forschungsmaterial
6. Methodologie und Methoden
6.1.
Methodologie
6.1.1. Psychoanalytische Zugänge zur empirischen Auswertung
6.1.2. Psychoanalyse und Linguistische Diskursanalyse
6.2 Forschungsmethode
6.2.1. Die Beschaffenheit des Datenmaterials
6.2.2. Zur Auswahl der vorgestellten Protokolle
6.2.3. Auswertungsschritte der empirischen Analyse
7. Die Anhörungen von Opfern von
Menschenrechtsverletzungen
7.1. Hintergründe und
atmosphärische Einstimmung auf das empirische Material
7.2. Die Anhörung von Mr und Mrs Juqu
7.2.1. Die Aussage von Mrs Juqu: »Deine Wunde ist auch unsere
Wunde«
7.2.2. Die Reinszenierung der Hilflosigkeit
7.2.3. Abschließende Überlegungen
7.3. Diskussion: die Opferanhörungen der Wahrheitskommission
7.3.1. Die Aussage vor der Wahrheitskommission als Heilung des
Traumas?
7.3.2. Der Heilungsdiskurs der Wahrheitskommission – Lesarten und
Verständnisebenen
7.3.3. Heilungsdiskurs und Opferkult als politische Indienstnahme
der Traumatisierten
7.3.4. Gegenströmungen der Opferanhörungen: Anpassungsritus und
Widerstandslogik
7.3.5. Das situative Wiederholen der Konflikte
8. Die Amnestierungsanhörungen
8.1.
Hintergründe und atmosphärische Einstimmung auf das empirische
Material
8.2. Die Amnestierungsanhörung von Aboobakar Ismail
8.2.1. Konfrontationen um die Frage der Moral
8.2.2. Der Nachweis der Unverhältnismäßigkeit
8.2.3. Abschließende Überlegungen
8.2.4. Der Amnestierungsbeschluss
8.3. Diskussion: Die Amnestierungsanhörungen
8.3.1. Die Abwehr der Schuldfrage
8.3.2. Das latente Anhörungsgeschehen: Auseinandersetzung um
Schuld
8.3.3. Die Ambivalenz der Schuldfrage
8.4. Perspektiven von Tätern und Opfern: eine Gegenüberstellung im
Rahmen einer Amnestierungsanhörung
8.4.1. Die Sicht der Opfer
8.4.2. Entschädigung oder Entschuldigung?
8.4.3. Zusammenfassende Überlegungen
9. Zusammenfassende Diskussion
9.1. Die
Wahrheitskommission als Versuch gesellschaftlicher Konfliktlösung:
Ambivalenzen und Widersprüche in der Arbeit mit Tätern und
Opfer
9.2. Institutionelle Spaltung als Möglichkeit der Bearbeitung von
Widersprüchen und Ambivalenzen
9.3. Die Dialektik der Spaltungen in den institutionellen
Bearbeitungsmustern
9.4. Die Rolle des Gremiums in der Dialektik der Spaltungen
9.5. Der Versöhnungsdiskurs: Das Propagieren gesellschaftlicher
Kohärenz als Gegenbewegung zur Dialektik der Spaltungen
9.5.1. Südafrika als ein Kollektiv von Opfern
9.5.2. Die narzisstische Gratifikation der Versöhnungsbereitschaft
als konkrete Umsetzung afrikanischer Spiritualität
9.5.3. Von der Spaltung der Gesellschaft zur Spaltung der
Geschichte
9.5.4. Facetten des Versöhnungsdiskurses als Facetten der
gesellschaftlichen Konfliktlösung
9.6. Abschließende Überlegungen
10. Schlussbetrachtung und Ausblick
10.1.
Symbolische Konfliktlösungen und Herrschaftslegitimierung
10.2. Abschließende Überlegungen und Ausblick
Anmerkungen
Bibliografie
Filmisches Material
Rezensionen
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www.hagalil.com
Rezension von Bernd Nitzschke
»Südafrika ist ein Land krasser Gegensätze. Es verfügt über das höchste Bruttosozialprodukt Afrikas – und belegt bei der Ungleichheit des Einkommens einen Spitzenplatz in der Welt. Die weiße Minderheit besitzt fast 90 Prozent der kommerziell genutzten landwirtschaftlichen Fläche – und mehr als die Hälfte der Schwarzen leben unterhalb der Armutsgrenze…« [mehr]