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Verlag: Psychosozial-Verlag
13 Seiten, PDF-E-Book
Bestell-Nr.: 25580
Die kontrovers diskutierte Frage, ob der Film »Beruf Neonazi« von
W. Bonengel eine aufklärerisch wirksame Dokumentation darstellt
oder ob er in politische Werbung für den Nationalsozialismus
zurückfällt, bildet den Ausgangspunkt für eine tiefenhermeneutische
Rekonstruktion. Dabei wird der Film anhand jener Szenensequenz
analysiert, in der eine serbische Holocaust-Überlebende unter dem
Eindruck ihrer leidvollen Erfahrungen in Tränen ausbricht und der
portraitierte Neonaziführer Althans sich darüber lustig macht. Über
die Analyse irritierender szenischer Konstellationen wurden in der
Gruppeninterpretation die ambivalenten Gefühle zugänglich, mit
denen die Studentinnen und Studenten auf die doppelbödige Struktur
der Filmsequenz reagierten. Während es auf der manifesten
Bedeutungsebene darum ging, dass die Teilnehmer Mitgefühl für die
von ihrem Schmerz eingeholte Serbin empfanden und mit Wut auf das
Lachen von Althans reagierten, wurde im Zuge der szenischen
Interpretation zur Sprache gebracht, dass auf die
Holocaust-Überlebende auch mit Ärger reagiert und für Althans, der
so einen kühlen Kopf bewahre, auch Sympathie empfunden wurde. Es
wird die Ansicht vertreten, dass diese negativen emotionalen
Reaktionen darauf verweisen, was normalerweise nicht thematisiert
wird: Die Tatsache nämlich, dass die Serbin mit dem Grauen des
Holocaust konfrontiert, der nicht nur betroffen macht, sondern auch
Angst weckt, die durch emotionale Distanzierung, wenn nicht gar
durch Unwillen oder Ärger abgewehrt werden kann. Der heftige Streit
um den Film wird damit erklärt, dass die Zuschauer sich dieses
Medienangebot auf unterschiedliche Weise aneignen: Während
diejenigen den Film gutheißen, die sich probeweise mit Althans
identifizieren, um zu verstehen, was es heute bedeutet, ein Neonazi
zu sein, sind diejenigen empört, die sich im Zug ihrer
Identifikation mit den Opfern des Holocaust darüber entrüsten, dass
Althans den Film zur Bühne für Auftritte macht, im Zuge derer er
noch einmal verbal die Gewalt ausübt, die den Opfern von den Nazis
tätlich zugefügt wurde.
Stichworte: Faschismus, Holocaust-Überlebende, Filme
(Unterhaltung), Emotionale Reaktionen, Ethnische und nationale
Diskriminierung, Radikalismus (Politik), Nationalismus,
Hermeneutik
Keywords: Fascism, Holocaust Survivors, Motion Pictures
(Entertainment), Emotional Responses, Race and Ethnic
Discrimination, Political Radicalism, Nationalism, Hermeneutics