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31 Seiten, PDF-E-Book
Bestell-Nr.: 21223
DOI:
https://doi.org/10.30820/1434-7849-2019-2-16Ausgehend von der Voraussetzung, dass dem Menschen neben einem
Recht auf Leben auch Rechte auf Entwicklung, das heißt Entfaltung
individueller Produktivkräfte, und auf Glück zuzusprechen sind,
beschäftigt sich der Autor mit den Gefährdungen, mit denen die
letzten beiden Rechte in der kapitalistisch produzierenden
Gesellschaft konfrontiert sind. Diskussionen zum Thema der Gewalt
bleiben häufig oberflächlich, weil sie sich auf offene
Gewaltäußerungen beschränken und strukturelle Gewalt, die aus den
ökonomischen Verhältnissen, staatlicher Repression und
verinnerlichten Zwängen hervorgeht, ausblenden. Offene Gewalt und
strukturelle Gewalt stehen in einem Ergänzungsverhältnis: Wird
strukturelle Gewalt geschwächt, tritt offene Gewalt zutage, vor
allem auch im zwischenmenschlichen Bereich. Zugleich werden im
Beitrag aber auch den in den 1960er/70er Jahren neu aufkommenden
Emanzipationsbewegungen als Anzeichen der beschriebenen Schwäche
der strukturellen Gewalt gelesen. In deren gewaltfreien,
dezentralen und basisdemokratischen Formen des Widerstands zeige
sich ein Wandel des revolutionären Paradigmas: Anders als das
klassisch-arbeitskämpferische Verständnis von Revolutionen, das auf
der Annahme geschichtlicher Gesetzmäßigkeiten und
Fortschrittskontinuitäten fußt, zielt das Revolutionsverständnis im
Sinne der Emanzipationsbewegungen auf einen geschichtlichen Bruch,
der nicht nur die Produktionsweise, sondern den gesamten
Lebenszusammenhang umwälzt. Für die Emanzipationsbewegungen
bestehen Gefahren in der möglichen staatlichen oder
wirtschaftlichen Integration ins Bestehende, des Beschränktbleibens
auf die unbedeutende Peripherie oder der Bekämpfung durch die
(internationale) Konterrevolution. In der Militanz von bewaffneten
Gruppen wie der RAF drückt sich einerseits Verzweiflung, aber auch
die mögliche Gefahr einer revolutionären Bewegung aus: Die
Implantation dessen, was sie bekämpfen will.
Abstract:
Summary: Starting from the premise that human beings should be
granted not only the right to life, but also the right to
development, for example the unfolding of individual productive
forces, and to happiness, the author examines the dangers the last
two rights are facing in a capitalist society. Discussions on the
subject of violence often remain superficial, because they are
limited to open expressions of violence and ignore structural
violence arising from economic conditions, state repression, and
internalized constraints. Open violence and structural violence
complement each other: If structural violence is weakened, open
violence becomes apparent, especially in the interpersonal sphere.
At the same time, however, the paper also reads the newly emerging
emancipation movements in the 1960s and 70s as signs of the
described weakness of structural violence. In their non-violent,
decentralized and grassroots-democratic forms of resistance, a
change of the revolutionary paradigm becomes apparent: In contrast
to the classical, work-struggle related understanding of
revolution, which is based on the assumption of historical
regularities and continuities of progress, the understanding of
revolution in the sense of emancipation movements aims at a
historical break, which not only changes the mode of production,
but also the entire context of life. For the emancipation
movements, there are dangers 1) in the possible state or economic
integration, 2) in remaining restricted to the insignificant
periphery, or 3) in the fight against the (international)
counterrevolution. The militancy of armed groups such as the RAF
expresses on the one hand despair, but on the other also the
possible danger of a revolutionary movement: the implantation of
what it wants to fight.