Das Heft 1/2016 der
Freien Assoziation beschäftigt sich
unter dem Titel »Irritierend sexuell« mit aktuellen
sexualpolitischen Debatten.
Zu den Hauptbeiträgen
Der erste Hauptbeitrag
ist ein Wiederabdruck der im Jahre 1932 erschienenen
Aufklärungsbroschüre »Wenn dein Kind dich fragt … Gespräche,
Beispiele und Ratschläge zur Sexualerziehung« der
Psychoanalytikerin Annie Reich. Sie betont, dass Fragen der
Sexualerziehung nur im Rahmen einer Diskussion auch über soziale
Verhältnisse besprochen werden können, und macht sich für eine
frühe und umfassende Sexualaufklärung stark. Denkverbote bezüglich
sexueller Themen, so die Autorin, hemmen nicht nur die
intellektuelle Entwicklung, sondern machen die Kinder auch
autoritätshörig und anfällig für rechte Ideologien. Eingeleitet
wird der Beitrag durch einen kurzen, von Arkadi Blatow verfassten
Einblick in Annie Reichs Leben und Werk.
Ausgehend von einer Auseinandersetzung mit dem Bestseller
Fifty
Shades of Grey widmet sich die Soziologin und
Psychoanalytikerin Ilka Quindeau in ihrem Beitrag »Lust, Kontrolle
und
Fifty Shades of Grey. Neuere psychoanalytische
Konzepte zu Geschlecht und Sexualität« einem aktuellen »Unbehagen
in der Sexualität«. Für die Konflikte, die sich aus einer
überfordernden Fülle an sexuellen Befriedigungsmöglichkeiten und
aus Unsicherheiten im Hinblick auf Geschlechterrollen ergeben,
werde im Roman eine vermeintliche Lösung angeboten, die die
Individuen entlastet, aber zugleich das Irritierende des Sexuellen
wieder unsichtbar mache.
Diese beiden Artikel werden kontrovers diskutiert und in
zahlreichen Kommentaren durch Reflexionen von
Wissenschaftskolleg_innen, Studierenden und politischen
Aktivist_innen ergänzt, namentlich: Ceren Doğan, Sonja Düring,
Arnold Hau, Margret Hauch, Jessica Lütgens, Christin Sager, Jérôme
Seeburger, David Waßmann, Sebastian Winter und Sonja Witte.
Sie diskutieren u.a. über die sexuelle Verhandlungsmoral und über
die Psychologisierung gesellschaftlicher Problemlagen, beleuchten
das Phänomen Conchita Wurst und die anhaltende Persistenz einer
heteronormativen und hierarchisch strukturierten
Geschlechterordnung, verhandeln das Konzept der infantilen
Sexualität und analysieren die reaktionären Antworten auf sexuelle
Liberalisierung, die neue Angst vor Sexualratgebern und die mediale
Figur des »Kinderschänders«.
Mit aktuellen sexualpolitischen Fragen beschäftigt sich auch ein
Gespräch, das unsere Mitherausgeberin Julia König mit der
Sexualwissenschaftlerin Sophinette Becker geführt hat und das wir
unter dem Titel »Sexualität, die stört« abdrucken. Sie beschäftigen
sich darin u.a. mit kindlicher Sexualität, sexuellem Missbrauch,
dem Umgang mit Pädophilen, den rassistischen Debatten über die
Silvesternacht in Köln, Intersexualität und aktuelle queer
politics.
Schließlich beschäftigt sich die Glosse »Unfreie Assoziationen« von
Simon E. Arnold & Tom D. Uhlig mit dem Thema »Jugendliebe«. Im
Anschluss daran folgt ein kurzer Bericht der 3. Jahrestagung der
Gesellschaft für psychoanalytische Sozialpsychologie.
Für die Bebilderung hat der Fotograf Christian Schuller gesorgt,
der für uns einen intimen Blick auf die Beziehungsformen in der
Welt von Barbie und Ken geworfen hat.
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