Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie Heidelberg-Mannheim und Heidelberger Institut für Tiefenpsychologie (Hg.)

Psychoanalyse im Widerspruch Nr. 46: Psychoanalyse zwischen Aus- und Bildung

Nr. 46/2011

Cover Psychoanalyse im Widerspruch Nr. 46: Psychoanalyse zwischen Aus- und Bildung

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Zeitschrift: Psychoanalyse im Widerspruch (ISSN: 0941-5378)

Verlag: Psychosozial-Verlag

142 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm

Erschienen im Dezember 2011

Bestell-Nr.: 8047

Die »Psychoanalyse im Widerspruch« hat eine Denkfigur der Psychoanalyse zu ihrem Programm gemacht: die Kontroverse - denn seit 1900 ist kein Kernbegriff dieser unruhigen Disziplin widerspruchslos akzeptiert worden. Seit der Gründerzeit reizen ihre Aussagen in der Gesellschaft zum Widerspruch. Und für die Psychoanalyse als Theorie innerer und äußerer Konflikte ist das Widersprechen essentiell.

Zu den thematischen Schwerpunkten der Zeitschrift zählen die Geschichte der Psychoanalyse in Europa und auf anderen Kontinenten, gesellschaftspolitische und kulturtheoretische Probleme, Kunst und Film, klinische Fragestellungen sowie die Aktualität der Psychoanalyse im interdisziplinären Netzwerk. Zuvor unveröffentlichte Dokumente Sigmund Freuds und anderer historischer Figuren der Psychoanalyse tragen ebenso zum Profil der Zeitschrift bei wie Texte von Marie Langer, Mark Solms, Emilio Modena, Léon Wurmser, Micha Brumlik, Rolf Vogt, Paul Parin oder Antonino Ferro. Über die Beiträge zu den Schwerpunktthemen hinaus bietet die Zeitschrift Rezensionen und Veranstaltungshinweise.

Diese Publikation enthält:

Inhaltsverzeichnis

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Inhalt

Editorial

Daniel Nakhla
Abenteuer Ausbildung
Überlegungen zur psychotherapeutischen Ausbildung aus der Sicht eines psychologischen Ausbildungskandidaten

Rolf Vogt
Psychoanalyse als gleichberechtigtes Lehrfach im Studiengang Psychologie der Universität Bremen von 1980–2004

Hans-Volker Werthmann
Psychoanalyse an der Universität

Rolf-Peter Warsitz
Zwischen Revolte und Anpassung
Psychoanalytiker an der Universität nach den »goldenen 70ern«

Jürgen Körner
Die Gründung einer psychoanalytischen Universität in Berlin

Gisela Krauss
Erfahrungen einer Vertrauensanalytikerin der DGPT

Heribert Knott
Ausbildung der Gruppenanalytiker in Europa im Wandel – eine Übersicht

Gerhard Schneider
Analytische Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TfP) und Psychoanalyse – Kupfer und Gold?

Timo Storck
Identität in der Vereinigung?
Zum Stellenwert impliziter Theorien in der psychoanalytischen Ausbildung

Karin Gäßler
Hans Keilson – ein Jahrhundertmann

Rezension

Veranstaltungen

Filmkalender: Psychoanalytiker/innen diskutieren Filme

Autorinnen und Autoren dieses Heftes


Zusammenfassungen und Abstracts

Daniel Nakhla
Abenteuer Ausbildung. Überlegungen zur psychotherapeutischen Ausbildung aus der Sicht eines psychologischen Ausbildungskandidaten

Zusammenfassung: Erfahrungen im Rahmen der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten werden aus dem Blickwinkel eines Ausbildungskandidaten mit tiefenpsychologischem Schwerpunkt beschrieben. Dabei werden die Herausforderungen der Ausbildung ebenso benannt, wie positive und bereichernde Aspekte. Ergänzt wird die Darstellung durch Ergebnisse eines bundesweiten Forschungsgutachtens zur Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten.

Abstract: Experiences in the context of a vocational training as a psychological psychotherapist are described from the viewpoint of a psychodynamicbased psychotherapy trainee. Special focus lies on challenges as well as positive and enriching aspects of the vocational training. The illustration is complemented by results of a nation-wide research expertise with respect to the vocational training as psychological psychotherapist.

Rolf Vogt
Psychoanalyse als gleichberechtigtes Lehrfach im Studiengang Psychologie der Universität Bremen von 1980–2004

Zusammenfassung: Der Autor hatte von 1980–2004 einen Lehrstuhl für Psychoanalyse im Studiengang Psychologie der Universität Bremen. Er beschreibt seine Lehrerfahrungen mit verschiedenen Studentengenerationen und den Umgang mit den typischen Verhältnissen eines psychologischen Studienganges. Er kommt zu dem Schluß, daß die Lehre der Psychoanalyse in einem psychologischen Studiengang sinnvoll ist.

Abstract: Rolf Vogt describes his experiences as professor of psychoanalysis in the department of psychology on the university of Bremen. Different generations of students and special situations of teaching psychoanalysis in a typical psychological course are subjects of his article. The result of 25 years teaching psychoanalysis in a psychological department is the conviction of the author, that this is appropriate.

Rolf-Peter Warsitz
Zwischen Revolte und Anpassung. Psychoanalytiker an der Universität nach den »goldenen 70ern«

Zusammenfassung: Ausgangspunkt des Essays ist eine skeptische Gegenwartsdiagnose der Rolle der Psychoanalyse an der Universität mit der Hypothese, daß ihr Überleben nach den »goldenen 70er Jahren« des vergangenen Jahrhunderts um den Preis einer inhaltlichen Nivellierung und Ausdünnung bzw. empiristischen Verengung der Wissenschaft der Psychoanalyse erkauft wurde. Ob dieser Reduktionismus durch einen notwendig gewordenen wissenschaftstheoretischen Diskurs um die Psychoanalyse wieder umzukehren ist im Sinne eines Neubeginns der universitären Psychoanalyse als Brückendisziplin für zahlreiche sozialwissenschaftliche, sozialpsychologische, klinisch-psychologische und therapeutisch-praktische Diskurse an der Universität sub specie Bologniae, bleibt zu hoffen.

Jürgen Körner
Die Gründung einer psychoanalytischen Universität in Berlin

Zusammenfassung: Die Gründung der International Psychoanalytic University soll dazu beitragen, die Psychoanalyse als eine paradigmatische Wissenschaft an die Universitäten zurückzubringen – nicht nur als einen Zweig der Psychologie, sondern auch als eine kultur- und sozialwissenschaftliche Disziplin. Der Beitrag schildert die Entwicklungsschritte der IPU, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die fach- und berufspolitischen Hindernisse, die zu überwinden sind. Vor ihr liegt die Aufgabe, die Hürden der Akkreditierung zu nehmen. Wenn es ihr gelingt, ihren Status als Universität zu sichern, wird sie langfristig das Ziel verfolgen, psychoanalytisch gebildeten akademischen Nachwuchs zu generieren, der die Psychoanalyse als eigenes Fach auch an den staatlichen Universitäten vertreten würde.

Abstract: The intention of founding the International Psychoanalytic University Berlin is to play a part in the contribution of bringing psychoanalysis as a paradigmatic science back into the fold of universities – not only as a branch of psychology but also as a cultural and social science discipline. This paper depicts the development process of the IPU, the statutory framework, and the administrative barriers that have to be negotiated. The IPU now faces the initial hurdles of accreditation. Should the IPU be successful in securing its status as university it will pursue the goal on a long-term basis of generating psychoanalytically educated young academics who will represent psychoanalysis as an independent discipline also in state-run universities.

Gisela Krauss
Erfahrungen einer Vertrauensanalytikerin der DGPT

Zusammenfassung: In diesem Erfahrungsbericht wird die Arbeitsweise der Vertrauensanalytiker der DGPT auf der Grundlage der Ethikrichtlinien der DGPT beschrieben, die Themenbereiche genannt, die zu bearbeiten waren und die Schwierigkeiten aufgezeigt, die bei den Konsultationen auftauchten. Angefügt sind die Allgemeinen und Speziellen Ethikrichtlinien der DGPT.

Heribert Knott
Ausbildung der Gruppenanalytiker in Europa im Wandel – eine Übersicht

Zusammenfassung: Der Artikel befaßt sich mit der Entwicklung der gruppenanalytischen Ausbildung. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Gruppenanalyse in einigen Ländern an Bedeutung verloren, u.a. bedingt durch den soziokulturellen Wandel, dem ein Wandel im Gesundheitssystem entspricht. Vereinfachend kann dieser Wandel als eine Bewegung zu kleineren Einheiten hin beschrieben werden, der den Menschen als Einheit und die ganze Gruppe vernachlässigt. Es geht stattdessen um die unterteilbare »Störung«, um das Detail. Dieser Wandel betrifft die europäischen Staaten in sehr unterschiedlicher Weise, auch bedingt durch unterschiedliche Gesundheitssysteme. Diese lassen den einzelnen Ausbildungsinstituten mehr bzw. weniger Spielraum, »klassische« gruppenanalytische Ausbildungs- und Therapiegruppen anzubieten. Die nötige Auseinandersetzung der Institute mit den neuen Entwicklungen wird an einigen Beispielen beschrieben. Der Artikel endet mit der These, daß letztlich jede Gruppenanalyse »angewandte« Gruppenanalyse ist.

Abstract: This article is about actual developments of group analytic training in Europe. During the previous decades group analysis has become less important overall, due to sociocultural changes influencing the national health care systems. Simplifying, these changes can be described as a move to small units neglecting the person as a whole and the whole group. These influences vary from country to country, depending amongst others on their health care systems. This leaves group analytic training institutes a varying range of possibilities to adapt to the new developments, for which examples are given. The article ends with the hypothesis of all group analysis being applied group analysis.

Gerhard Schneider
Analytische Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TfP) und Psychoanalyse – Kupfer und Gold?

Zusammenfassung: Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Begriff des psychoanalytischen Arbeitens als Gemeinsames der Arbeit im niederfrequenten und im hochfrequenten analytischen Setting herauszustellen. Das geschieht in einer kritischen Auseinandersetzung mit Freuds historisch einflußreicher Gegenüberstellung der »strengen«, »tendenzlosen« Psychoanalyse als »reinem Gold« und ihrer »reichlich mit dem Kupfer der direkten Suggestion« legierten Anwendungsformen. Der Autor zeigt, dass es obsolet ist, das Arbeiten in einem niederfrequenten analytischen Setting in einem negativen Sinne als nicht-analytisch anzusehen. Vor diesem Hintergrund ist es möglich, historisch gewachsene inter- und intragruppale Konflikte um das nieder- und hochfrequente Setting zu überwinden.

Abstract: The author develops the concept of working psychoanalytically, in order to overcome Freud’s dichotomy between the »pure gold« of psychoanalysis proper, and the »copper« of applied psychoanalysis in low frequency settings, which for Freud implicitly was a hybrid of analytic and non-analytic technique (direct suggestions). In this perspective it is possible to overcome historically grown conflicts with regard to both types of psychoanalytic therapy.

Timo Storck
Identität in der Vereinigung? Zum Stellenwert impliziter Theorien in der psychoanalytischen Ausbildung

Zusammenfassung: Der Autor erinnert an Freuds Bemerkung vom Junktim aus Heilen und Forschen. Was bedeutet der Hinweis, es sei unmöglich, einen Patienten zu behandeln, ohne etwas Neues zu erfahren, aus der Perspektive psychoanalytischer Ausbildungskandidaten? Verschiedene Autoren haben die Bedeutung impliziter Theorien und deren Interaktion mit den öffentlichen, expliziten psychoanalytischen Theorien betont. Als Kandidaten sehen wir uns einer beträchtlichen Anzahl an expliziten Theorien gegenübergestellt. Wie können wir unsere eigenen impliziten Vorstellungen dem gegenüber bewahren? Paradoxerweise geht es in der Psychoanalyse sowohl darum, einen Patienten im Lichte theoretischer Konzepte zu verstehen, als auch um das Erkennen, daß allgemeine Theorie nicht dazu führt, das Besondere zu verstehen. Der Autor argumentiert für eine psychoanalytische Haltung, die das Mißverstehen ins Zentrum rückt. In diesem Rahmen ist die Fähigkeit, sich überraschen lassen zu können, von hohem Wert – ebenso wie ein gewisser Mut, die impliziten Vorstellungen davon zu erforschen, was analytische Behandlung bedeutet.

Abstract: The author commemorates Freuds remark of an »inseparable bond between cure and research« in psychoanalysis. He stated that it’s impossible to treat a patient without learning something new. What does that mean from a candidate’s perspective? Various authors have emphasized the relevance of implicit theories and their interaction with public, explicit psychoanalytic thinking. As candidates, we are faced with a notable amount of explicit theories. How can we hold our own implicit view up against them? Paradoxically, in psychoanalysis we have to understand our patients in the light of theoretical concepts as well as to realize that general theory does not lead us to understanding the particular. The author argues for a psychoanalytic mindset that focusses on misunderstanding. Within this frame, the candidate’s capability to be surprised is valuable, as is the need to be courageous in exploring our implicit views on what we do.