Katharina Gröning

Entwicklungslinien pädagogischer Beratung

Zur Geschichte der Erziehungs-, Berufs- und Sexualberatung in Deutschland

Cover Entwicklungslinien pädagogischer Beratung

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Buchreihe: Therapie & Beratung

Verlag: Psychosozial-Verlag

238 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm

ISBN-13: 978-3-8379-2464-0, Bestell-Nr.: 2464

Während der Markt für Beratung boomt, werden diese Angebote aus wissenschaftlicher Perspektive zunehmend kritisch hinterfragt. Die Anfänge der Beratungspraxis liegen in der Frauen- und zivilgesellschaftlichen Bewegung des beginnenden 20. Jahrhunderts und waren durch die vorherrschenden Diskurse der Zeit geprägt: Eugenik, Menschenökonomie und Erbhygiene. Die Kämpfe um ein demokratisches und professionelles Beratungsverständnis dauern bis heute an.

Die Autorin zeichnet die schwierige Professionsgeschichte der Erziehungs-, Sexual- und Berufsberatung bis heute nach und zeigt sowohl das subversive Potenzial der Beratung als auch ihre Verhaftung in Praktiken sozialer Disziplinierung und Kontrolle. Sie folgt wichtigen Stationen der Deutschen Geschichte seit dem Kaiserreich über die Weimarer Republik, die NS- und Nachkriegszeit bis hin zum demokratischen Aufbruch in den 1960er Jahren und der späteren Therapeutisierung. Dabei erschließt sie eine Fülle bislang unbekannter Quellen und legt so erstmals ein geschlossenes Konzept historisch-systematischer Beratungsforschung vor.

Inhaltsverzeichnis

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Inhalt

Vorwort zur Neuauflage

Einleitung

1. Beratung, Normalisierung, Macht und Regierung. Pädagogische Beratung im Spiegel einer kritischen Beratungswissenschaft
1.1 Beratung und Macht
1.2 Souveräne Macht und politische Beratung
1.3 Die Disziplinarmacht und das Format der amtlichen Beratung
1.4 Biomacht und klinische Beratung
1.5 Die Pastoralmacht als pädagogisierende Macht und ihre Beratung
1.6 Gouvernementalität und die Verdrehung des beraterischen Kontraktmodells
1.7 Beratung als verständigungsorientiertes Handeln: Wesen und Logik einer pädagogischen Beratung auf der Basis der Diskurstheorie
1.8 Verständigungsorientiertes Handeln

2. Die Beratungsstellen der ersten Frauenbewegung vom Kaiserreich bis zur Machtergreifung 1933
2.1 Rechtsschutz für Frauen: Die Gründung von Rechtsschutzvereinen und Rechtsschutzstellen der Frauenbewegung
2.2 Die Auskunftsstellen für Frauenberufe: Wurzeln der Berufsberatung in Deutschland
2.3 Die Sexualberatungsstellen des Bundes für Mutterschutz und Sexualreform
2.4 Die Beratungstätigkeit der sozialistischen Frauen
2.5 Theoretische Schlussfolgerungen

3. Psychopathie, Erbhygiene, Eugenik, Minderwertigkeit und Menschenökonomie. Eine Ideengeschichte von Beratung im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik
3.1 Psychopathie
3.2 Minderwertigkeit
3.3 Menschenökonomie

4. Die Geschichte der Institutionalisierung der Erziehungsberatung in Deutschland
4.1 Funktionen und Aufgaben der Erziehungsberatung nach Freudenberger
4.2 Die Psychopathenfürsorgestellen als Analysator der Institutionalisierung der Erziehungsberatung
4.3 Das Verhältnis von Konstitutionsforschung, ärztlicher Profession und Institutionalisierung von Jugendsichtungsstellen und Psychopathenfürsorge
4.4 Die Erziehungsberatung und die Entstehung des Heilpädagogischen Systems
4.5 Frühe Konflikte um die Erziehungsberatung: Der Ansatz August Aichhorns
4.6 Alfred Adler und die individualpsychologischen Beratungsstellen
4.7 Hugo Sauers einsamer Kampf um die Institutionalisierung einer freien Jugendberatung in Deutschland
4.8 Das Konzept der Jugendberatungsstellen
4.9 Erziehungsberatung in der NS-Zeit
4.10 Das Deutsche Institut für Psychologische Forschung und Psychotherapie

5. Die Berufsberatung
5.1 Berufsberatung zwischen volkswirtschaftlicher Steuerung und pädagogischer Beratung
5.2 Die Berufsberatung im Schnittpunkt gegensätzlicher Interessen und Entwürfe
5.3 Die Berufsberatung als Teil einer ökonomischen und rationalen Lebensführung: Zu Paul Oestreichs »Menschenökonomie«
5.4 Berufswahl und Berufsberatung aus pädagogischer Perspektive: Der Ansatz Aloys Fischers
5.5 Berufsberatung und Psychotechnik
5.6 Die Zentralisierung der Berufsberatung durch das Reichsarbeitsamt und die Idee der Berufslenkung

6. Die Sexualreformbewegung und die Sexualberatungsstellen
6.1 Die Sexualreformbewegung und ihre Beratungskonzepte
6.2 Die Beratungsstellen der Gesex in Berlin
6.3 Die Sexualberatung als pädagogische Beratung
6.4 Erbhygiene, Rassenhygiene und die Sexualberatung
6.5 Die Eheberatung
6.6 Eheberatung unter dem Dach der Kirche
6.7 Von der Eheberatung zur Sexualüberwachung: Verstaatlichte Beratung für Paare im Nationalsozialismus

7. Entwicklungslinien der pädagogischen Beratung nach 1945
7.1 Die Erziehungsberatung nach 1945
7.2 Wege der Erziehungshilfe (1952 [1940])
7.3 Der Wiederaufbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland und seine Bedeutung für die Erziehungsberatung
7.4 Die Child-Guidance-Kliniken
7.5 Die Berufsberatung nach 1945
7.6 Die Sexualberatung nach 1945
7.7 Die gesunde Familie: Der Kongress der International Planned Parenthood Federation (IPPF) in Berlin 1957
7.8 Pro Familia in Hessen
7.9 Die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS)

8. Beratungsdiskurse in der Pädagogik seit den 1960er Jahren
8.1 Die Bedeutung der inneren Reformen für die Soziale Arbeit und die Pädagogik
8.2 Pädagogische Beratung als verständigungsorientiertes Handeln
8.3 Reinhard und Annemarie Tausch: Verstehend Kommunizieren
8.4 Kurt Aurin: Schuljugendberatung und Bildungsreform
8.5 Klaus Mollenhauer: Beratung als kantianischer Dialog
8.6 Pädagogische Beratung als kritische Bildungsberatung
8.7 Thea Sprey: Beraten und Ratgeben in der Erziehung
8.8 Die 1970er Jahre: Pädagogische Beratung und Pädagogische Psychologie
8.9 Konzipierung und Bestimmung von pädagogischer Beratung durch das Funkkolleg Beratung in der Erziehung

9. Der Einfluss der Frauenbewegung auf die Theoriebildung und die Praxis der pädagogischen Beratung
9.1 Die feministische Therapie: Ein neues Beziehungsangebot für Frauen
9.2 Die Beratung nach §218 StGB
9.3 Gewalt gegen Frauen
9.4 Beratung im Frauenhaus
9.5 Feministische Institutionskulturen und ihre Auswirkungen auf beraterische und helfende Professionen
9.6 Weitere Einflüsse der Frauenberatung auf die pädagogische Beratung
9.7 Die Bedeutung der feministischen Beratung für die Erziehungswissenschaft

10. Weitere Einflüsse und Diskurse
10.1 Die Therapiekritik und die Forderung nach einer alltagsorientierten, pädagogischen Beratung
10.2 Der Einfluss des Lebensweltkonzepts und der Alltagstheorie auf die pädagogische Beratung
10.3 Das Problem der Sozialberatung und die Professionalität der Sozialpädagogischen Beratung
10.4 Der Einfluss systemischer Konzepte auf die pädagogische Beratung
10.5 Ausblick: Fragestellungen und Probleme einer interdisziplinären Beratungswissenschaft
10.5.1 Die zwei Seiten der Beratung als Ausgangspunkt beratungswissenschaftlicher Reflexion
10.5.2 Wie man Kritik gebraucht: Foucaults Bedeutung für die Beratung

Literatur

Rezensionen

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DZI Soziale Arbeit 64. Jahrgang, November 2015

Rezension von Christian Gedschold

»Mit Bezug auf die Gouvernementalitätstheorie nach Michel Foucault untersucht dieses Buch den Teilbereich der pädagogischen Beratung und zeigt am Beispiel der Erziehungs-, Berufs- und Sexualberatung, wie sich diese in den Epochen des Kaiserreichs und der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit bis zum Ende der 1950er-Jahre historisch entwickelte…« [mehr]