Peter Widmer

Destruktion des Ichs

Psychoanalytische Annäherungen an den Ursprung menschlicher Aggression

Cover Destruktion des Ichs

EUR 32,90

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Buchreihe: Bibliothek der Psychoanalyse

Verlag: Psychosozial-Verlag

273 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm

ISBN-13: 978-3-8379-3044-3, Bestell-Nr.: 3044

DOI: https://doi.org/10.30820/9783837977639
An gegenwärtigen Konfliktlinien in Politik und Gesellschaft entzünden sich immer wieder psychoanalytische Fragen nach dem destruktiven Charakter des Subjekts. Peter Widmer beleuchtet die doppelte Seite dieser Destruktivität: ihr Potenzial, die Illusion eines mächtigen Ichs zu erzeugen, aus dem – wenn es bedroht wird – eine enorme zerstörerische Kraft hervorgeht. Ihr Ursprung ist weit davon entfernt, nur gesellschaftlicher, biologischer oder sexueller Art zu sein; in Sprache und Subjektivität erlebt sich der Mensch als fraglich und isoliert, ringt um die Anerkennung der Gemeinschaft.

Widmers psychoanalytische, philosophische und politische Reflexion zeichnet ebenso Auswege auf: Der Spirale des Zerstörerischen zu entkommen heißt, es zu bejahen und zu artikulieren – und nicht, sich an das Ideal einer hassfreien Gesellschaft zu klammern.

Inhaltsverzeichnis

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Einleitung

Aufbau des Buches

1 Relevanz des Themas

2 Theorien der Aggression außerhalb der Psychoanalyse

Kant
Hegel
Lorenz
Vergleich

3 Bemerkungen und Fragen zu den Triebtheorien Freuds und Lacans

Das Ich bei Freud und Lacan
Kritik der Ich-Psychologie
Das Ich in den Partialtrieben
Genitalität
Zum Problem des Gesamt-Ichs
Wann ist ein Trieb ein Trieb?
Das Es
»Vater, siehst Du denn nicht, dass ich verbrenne?«

4 Sprache, Ich und Ichtriebe

Sprache und Selbsterhaltung
Der Mangel an Sein als Quelle des Ich- bzw. Selbsterhaltungstriebs
Geschlecht

5 Zeit und Ich

Zeit und Zeitlichkeit in der Psychoanalyse
Zeitlichkeit und Aggression
Zwei entgegengesetzte Bedeutungen von »Ichtrieb«
Holbeins Anamorphose – ein Phallus-Phantom?

6 Das Ich als Instanz von strukturell bedingten Mängeln

Durch Signifikanten induzierte Mängel
Die Unterscheidung von Aussage (énoncé) und Sagen (énonciation) als Verklammerung der durch
die Signifikanten und die Zeitlichkeit bewirkten Mängel
Hilflosigkeit und Ideale
Beobachtungen beim Tennisspiel

7 Voraussetzungen von destruktivem Handeln

Überlegungen zur Semantik
Tableau der Aggression
Destruktion im Feld der Aggression
Arten der Zerstörung
Das Ich als Ort von Mängeln
Das Ich als (erweiterter) Ort des Narzissmus
Wie es kommt, dass das Ich-Gehäuse Schaden erleidet, und wie es sich dagegen wehrt
Geschlechtsspezifische Aspekte
Übertragungsspezifische Aspekte
Rassismus und Antisemitismus

8 Wie Destruktion zustande kommt

Projektion
Verlogenheit – la mauvaise foi
Signifikant und Nichts
Begehrtes Opfer-Sein
Glaube und Wahn
Bemerkungen zu Lacans Seminar VII. Die Ethik der Psychoanalyse
Religion und Vatersehnsucht
Amokläufe – Massenmorde
Die Waffen menschlicher Destruktion

9 Hass – Destruktion – Genießen

Drei Interpretationen

10 Zusammenfassung

Ausblick

Dank

Literatur

Index

Rezensionen

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PSYCHE, Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und ihre Anwendungen, 76. Jahrgang, Heft 4, April 2022

Rezension von Christian Kläui

»Aufmerksam macht das Buch hingegen auf die Ubiquität aggressiver und destruktiver Phänomene; indem es die lebensfeindliche Destruktivität als triebhaft motiviert auffasst, betont es auch ihre Unvermeidlichkeit. Umso wichtiger wird dem Autor darum die Frage, wie sich beim Einzelnen und in der Gesellschaft Kompensationsmechanismen finden und schaffen lassen, die den destruktiven Eruptionen entgegenwirken. Im Kleinen wie im Großen, im narzisstischen Selbstbezug, im familiären Zusammenleben, in Politik und Kultur, so mahnt Widmer, können Mangel, Unvollkommenheit und Hilflosigkeit Destruktion nach sich ziehen. Seine zentrale Frage lautet demzufolge: ›Ist es möglich, eine Kultur aufzubauen, welche versucht, die conditio humana mit ihren Merkmalen der Unvollkommenheit, des Nicht-Wissens, der Abhängigkeit von anderen und der Verantwortlichkeit zu akzeptieren?‹ (S. 199) Nicht zuletzt ruft das Buch die Psychoanalytiker auf, in ihrer täglichen Arbeit den Themen des Lebensfeindlichen und Destruktiven die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen…«

Aargauer Zeitung, 5. Juni 2021

Rezension von Fabian Hägler

»Der renommierte Psychoanalytiker hat eine eigene These zur psychischen Verfassung und zum Motiv des Mörders, die er auf wenigen Seiten präzis darlegt…«

Neue Zürcher Zeitung am 31. Mai 2021

Rezension von Urs Hafner

»Peter Widmer ist ein virtuoser Interpret menschlichen Handelns, ohne die Betreffenden charakterlich festzunageln, wie es die forensische Psychiatrie tut. Ein ums andere Mal erweist er sich als Dialektiker: Nichts ist, was es scheint, im Terror ruht das Kindliche, das Gute entpuppt sich plötzlich als Böses, im Opfer steckt der Aggressor, nichts ist mit sich identisch…«