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Buchreihe: Forum Psychosozial
Verlag: Psychosozial-Verlag
185 Seiten, PDF-E-Book
ISBN-13: 978-3-8379-7934-3, Bestell-Nr.: 7934
DOI:
https://doi.org/10.30820/9783837979343Das Säuglingsheim ist eine vergessene Institution der beiden
deutschen Staaten. Häufiger als bisher angenommen waren Babys und
Kleinkinder in der Nachkriegszeit dort untergebracht, manche
monate- oder sogar jahrelang. Die Lebensbedingungen
beeinträchtigten die kindliche Entwicklung massiv, was die damalige
psychologische und psychoanalytische Forschung bald als
Hospitalismus beschrieb. In der Bundesrepublik wurden die Heime
deshalb in den sechziger Jahren aufgelöst; in der DDR wurden diese
Erkenntnisse zunächst ebenfalls wahrgenommen, allerdings
interessierten sich die Behörden nach dem Bau der Mauer 1961 nicht
mehr dafür. Säuglingsheime existierten dort bis zum Jahr 1989.
Die Einweisungskriterien waren nicht präzise festgelegt, was den
Behörden große Handlungsspielräume gab; entsprechend stark wirkten
sich auch die damaligen Moralvorstellungen aus. So waren es häufig
Kinder von alleinerziehenden Müttern, von kranken oder
misshandelnden Eltern, die in die Heime kamen. Weil sich die
Betroffenen nicht oder nur stark eingeschränkt an ihre Zeit in den
Heimen erinnern können, rekonstruiert Felix Berth anhand von
Archivmaterial und damaligen wissenschaftlichen Untersuchungen die
Lebensbedingungen in den Säuglingsheimen. Betroffene kommen in
Interviews zu Wort und schildern ihre heutige Sicht auf die Zeit im
Heim.
Unsere Jugend 3/2024
Rezension von Maria Kurz-Adam
»Der Historiker und Erziehungswissenschaftler Felix Berth nimmt in seinem lesenswerten Buch ›Die vergessenen Säuglingsheime‹ eine stellvertretende Stimme ein, um den Menschen, die in diesen Säuglingsheimen zwischen 1945 und 1960 untergebracht waren, eine Sprache zu verleihen. Er schließt damit eine Lücke, die im Prozess der Aufarbeitung der Heimerziehung in dem von der Bundesregierung 2008 eingerichteten ›Runden Tisch Heimerziehung‹ offengeblieben ist. Denn wie konnten dort ehemalige Heimkinder über ihre (Leidens-)Geschichte erzählen, wenn diese Geschichte noch vor ihrem ersten Lebensjahr begonnen hatte?…«
Das Historisch-Politische Buch 1–4.70
Rezension von Peter Steinbach
»Methodisch verbindet Berth die Sozialgeschichte der frühen Kindheit und die Untersuchung der Heime als Institution mit der Wissensgeschichte. Er nutzt dabei diskursgeschichtliche Potentiale. [...] Berth zeigt, dass kritische Befunde besonnen erforscht werden können, ohne in die Überheblichkeit des Nachgeborenen zu verfallen, der die Vergangenheit verurteilt, weil er angeblich mehr weiß als seine Altvorderen…«
Netz. Zeitschrift für Pflege- und Adoptivkinder Schweiz Nr. 3, 2023
»Der Historiker und Erziehungswissenschaftler Felix Berth zeichnet die Geschichte der Säuglingsheime nach. Er arbeitet dazu mit Grafiken, Bildern und Zeugnissen von Betroffenen…«
H-Soz-Kult, 11. August 2023
Rezension von Uwe Kaminsky
»Felix Berth beantwortet die selbst gestellten Fragen durchaus souverän und gut lesbar. [...] Das Buch stellt gleichwohl ein Pionierwerk zu Säuglingsheimen dar, dessen differenzierende Vertiefung allerdings noch aussteht…«
Abendzeitung am 2. Juli 2023
Rezension von Felix Müller
»›23 Stunden ohne Ansprache‹: Felix Berth hat über die Geschichte der Säuglingsheime der Nachkriegszeit geforscht. Felix Müller führte ein Gespräch über den Blick auf die Kleinsten, ihren Alltag, Folgeschäden – und die Frage nach der Aufarbeitung…« [mehr]
Deutschlandfunk Andruck – Das Magazin für politische Literatur am 19. Juni 2023
Rezension von Dörte Hinrichs
»Durch umfangreiche Quellensichtung und Gespräche mit Betroffenen gelingt es Berth ein vergessenes, oft schockierendes Kapitel deutsch-deutscher Heimerziehung zu rekonstruieren. Dass er es klug und gut verständlich in die Wissensgeschichte einbettet, ihre Resonanzen in Politik und Gesellschaft mitbeleuchtet, das macht das Buch so lesenswert…«
Versorgerin. Zeitung der Stadtwerkstatt, Juni 2023
Rezension von Magnus Klaue
»Dass dennoch die Geschichte der Säuglingsheime in der BRD und DDR seit einigen Jahren aufgearbeitet wird und dass Menschen, die durch dortige Aufenthalte geschädigt wurden, Aussichten auf Kompensation haben, zeigt aber, dass die zwischenzeitlich vergessene Episode der gesamtdeutschen Geschichte allmählich ins politische Bewusstsein tritt. Berth erzählt von dieser Episode so, dass dabei zugleich ein vergessener Aspekt der psychoanalytischen Ideen- und Sozialgeschichte gegenwärtig wird…«
Scharf Links. Die ›neue‹ linke online Zeitung, 28. Mai 2023
Rezension von Michael Lausberg
»Dies ist eine erste längere Arbeit zu dem Thema, das als Grundlage für notwendige weitere intensivere Forschungen dienen kann. Leider liegt die Perspektive meist auf die der BRD und es bleiben noch Leerstellen für die DDR. Dennoch bleibt das Buch als pädagogische Institutionsgeschichte mit den psychosozialen Folgen und einem authentischen Blick aus der Sicht von Betroffenen wertvoll…«
Thüringische Landeszeitung am 15. April 2023
Rezension von Hanno Müller
»Das Buch beschreibt ein System von Kinderverwahranstalten, in denen das wenige Personal kaum Zeit hatte für die grundlegendsten Bedürfnisse der Kleinen wie Hygiene oder Nahrungsaufnahme. Kinder saßen apathisch den ganzen Tag in ihren Bettchen oder wurden stundenlang auf dem Topf festgebunden. Beschäftigte in Ost und West beklagten in den 1950er-Jahren die ständige Eile. Eine ostdeutsche Kinderärztin berichtete vom deutlichen Zurückbleiben der sozialen Reaktionen, neurotischen Symptomen, vermehrtem Bettnässen oder stereotypen Schaukelbewegungen, was auch als Hospitalismus beschrieben wurde…«
taz – die tageszeitung am 4. April 2023
Rezension von Manuala Heim
»Die Geschichte der Säuglingsheime in Deutschland ist dramatisch, sagt Historiker Felix Berth im erschütternden taz-Interview mit Manuela Heim. Eine Million Kinder in Ost und West waren sich nahezu selbst überlassen…« [mehr]
Frankfurter Allgemeine Zeitung am 16. März 2023
Rezension von Felix Berth
»Auch in der DDR wusste man, dass der frühe Aufenthalt in Säuglingsheimen die Bindungsfähigkeit der Kinder stört, nur durfte das nicht offiziell gesagt werden…« [mehr]