Ilse Grubrich-Simitis
Realitätsprüfung an Stelle von Deutung. Eine Phase in der psychoanalytischen Arbeit mit Nachkommen von Holocaust-Überlebenden
Psyche, 2008, 62(11), 1091-1121
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Dass bei Nachkommen von Überlebenden der Shoa häufig ein
Wiederholen der Erfahrungen der ersten Generation beobachtet wurde,
hängt mit der Erosion der Fähigkeit zusammen, im Trauma-Bezirk
einigermaßen verlässlich zwischen äußerer und innerer Realität
unterscheiden zu können. Dies wiederum ist Folge der notwendigen
dissoziativen Abwehr des extremtraumatischen Geschehens in den
betroffenen Familien. Anhand von klinischem Material wird gezeigt,
dass es in der psychoanalytischen Arbeit mit Patienten der
Nachfolgegenerationen in einer bestimmten Phase erforderlich sein
kann, durch temporäres Suspendieren der Deutungsaktivität die
Prüfung und Etablierung der Shoa als faktischer Wirklichkeit zu
erleichtern, weil dies den Übergang vom Wiederholen zum Erinnern
fördert. Zugleich impliziert dies eine Gegenposition zu der in
jüngster Zeit vertretenen Auffassung, dass von kurativer Effizienz
vorwiegend das sei, was sich im Hier und Jetzt der analytischen
Situation aus dem unmittelbaren
Übertragungs-Gegenübertragungs-Geschehen hinsichtlich des im
impliziten Gedächtnis Gespeicherten erschließen lasse. Das im
Folgenden diskutierte klinische Material zeigt, dass und warum im
Trauma-Kontext die herkömmliche psychoanalytische
Rekonstruktionsarbeit, also die Berücksichtigung der äußeren
Realität und des im expliziten, im autobiographischen Gedächtnis
Enkodierten, unentbehrlich ist. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte
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