Johanna Lea Karb
Vom Eingebildeten Kranken und dem Zauberberg (PDF-E-Book)
Klinische und literarische Annäherung an das »vernachlässigte« Störungsbild der Hypochondrie
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27 Seiten, PDF-E-Book
Bestell-Nr.: 22560
DOI:
https://doi.org/10.30820/0941-5378-2021-1-79Hypochondrie ist, obgleich es sich dabei keineswegs um ein neues
Störungsbild handelt, auch heutzutage noch eher wenig beforscht
(vgl. Nissen, 2015). Eine Differenzialdiagnose ist Küchenhoff
(1985) zufolge i.d.R. schwierig, da hypochondrische Symptome oft im
Kontext anderer Störungsgruppen auftreten und sich mit diesen
überschneiden (Hirsch, 2011, S. 77). Nach Röder et al. (1995)
können diese entweder als »Internalisierung eines ambivalent
besetzen Objekts, bzw. Selbstobjekts« oder als »aggressive Affekte
und Konflikte« verstanden werden (S. 1091ff.). Die Beziehung zur
Mutter spiele dabei eine wichtige Rolle – Patient*innen berichten
häufig, dass sich diese zwar punktuell einfühlen konnte, sich
mitunter jedoch unvorhersehbar aus dem Kontakt zurückgezogen habe
und/oder eine reale, traumatisierende Trennung vorlag (Nissen,
2010, S. 3). Ein charakteristischer Konflikt ist laut Hirsch (2011)
außerdem, dass eigene Selbstständigkeitswünsche und
Autonomiebestrebungen mit dem Angewiesensein auf die primäre
Bezugsperson sowie die damit ebenfalls einhergehende Angst vor
Objektverlust verschmelzen, wenn die Trennungswünsche des Kindes
mit der Fantasie, selbst verlassen und damit bestraft zu werden,
einhergehen. Dieser Artikel widmet sich der Psychodynamik der
Hypochondrie, welche anhand zweier »Fälle« aus der klassischen
Literatur – Argan, dem Protagonisten aus Molières Der eingebildete
Kranke, sowie Hans Castorp aus Der Zauberberg von Thomas Mann –
näher beleuchtet und exemplifiziert wird. Anschließend wird auf
einige Besonderheiten in der psychodynamischen Intervention
eingegangen.
Abstract:
Hypochondria is, although it is not a new disorder, still rather
little researched (Nissen, 2015). According to Küchenhoff (1985), a
differential diagnosis is difficult, since hypochondriac symptoms
often occur in the context of other disorders and overlap with them
(Hirsch, 2011, p. 77). According to Röder et al. (1995), these can
be understood either as »internalization of an ambivalently
occupied object, or self-object« or as »aggressive affects and
conflicts« (pp. 1091ff.). The relationship with the mother plays an
important role here – patients often report that she was able to
empathize at times, but sometimes withdrew unpredictably from the
contact and/or a real, traumatizing separation occurred (Nissen,
2010, p. 3). According to Hirsch (2011), a characteristic conflict
is also that one’s own desires for independence and autonomy merge
with the dependence on the primary caregiver and the fear of losing
one’s object, which is also associated with this, when the child’s
desire for separation is accompanied by the fantasy of being
abandoned and thus punished. This article is dedicated to the
psychodynamics of hypochondria, which is examined and exemplified
by two »cases« from classical literature – Argan, the protagonist
from Molièr’s Der eingebildete Kranke, and Hans Castorp from Thomas
Mann’s Der Zauberberg. Afterwards, some special features of
psychodynamic intervention will be discussed.