Lily Gramatikov
Kann frau eigentlich gleichzeitig Feministin und Analytikerin sein? (PDF-E-Book)
Eine Spurensuche im Zeichen der #MeToo-Debatte
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25 Seiten, PDF-E-Book
Bestell-Nr.: 22484
DOI:
https://doi.org/10.30820/0941-5378-2019-2-51Ausgelöst durch die #MeToo-Debatte geht der Artikel der Frage nach,
ob sich eine feministische Haltung mit der psychoanalytischen
Behandlungspraxis verbinden lässt. Galt früher die Psychoanalyse
als patriarchal geprägt, finden sich zunehmend neuere
psychoanalytische Theorieansätze, die sich um die Gleichwertigkeit
von Heteround Homosexualität und um modifizierte Vorstellungen der
Geschlechtsidentität bemühen. Trotz der Hinwendung zum aktuellen
Konzept des »Doing Gender« lässt sich gleichzeitig eine Abwendung
vom Thema der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern feststellen.
In der #MeToo-Debatte wird die Frage der sexualisierten
Abhängigkeitsbeziehung erneut aufgeworfen. Damit rückt das
Patriarchat als Analysekategorie wieder in den Fokus. Die
Patriarchatskritik wurde vor allem in der Zeit von 1970–1990
theoretisch begründet. Durch die von Judith Butler maßgeblich
eingeleitete Auffassung, dass die Kategorie Geschlecht nicht auf
biologischen, sondern ausschließlich auf kulturellen Grundlagen
beruht, haben die differenzfeministisch geprägten
psychoanalytischen Entwürfe der 80er und 90er Jahre an Bedeutung
verloren. Eine aktuelle zentrale feministische Erkenntnis ist, dass
die gesellschaftliche kulturelle Ordnung der »heterosexuellen
Matrix« unweigerlich in uns allen festgeschrieben ist. Im
Deutungsprozess können deshalb zwar einerseits bekannte
androzentristische psychoanalytische Konzepte bewusst vermieden
werden, dennoch bleibt der unbewusste Gehalt der Deutung durch die
Allgegenwärtigkeit des Patriarchats geprägt. Durch »ungesättigtes
analytisches Zuhören« kann versucht werden, diesen Einfluss in
Grenzen zu halten.
Abstract:
Triggered by the #MeToo debate the article aims to analyze, if
feminist thinking can accompany psychoanalytic practice. While
psychoanalysis has been thought of as a patriarchal science over
the last decade, nowadays new psychoanalytic theories try to
substantiate homosexuality as equivalent to heterosexuality and to
reformulate gender identity. This shift respects the challenge of
»doing gender«, but simultaneously these new approaches seem to
ignore the nonequality of men and women, the main topic raised by
#MeToo. Between 1970 and 1990 patriarchy as an explanatory category
has been widely discussed and investigated. When Judith Butler
advocated that gender identity do not originate in bodily features
but in cultural constructions, psychoanalytic authors of the 80th
and 90th that belong to the difference feminism movement have lost
part of their relevance in theoretical thinking. Today, one of the
main feminist convictions implies that we all are formed by the
heterosexual matrix. During the process of interpretation one can
avoid using well-known androcentric concepts but the
interpretations will still be interfered by patriarchy due to the
analyst’s unconsciousness. Using a specific manner of
psychoanalytic listening can help to delimitate this influence. The
author suggests to name this technic »ungesättigtes analytisches
Zuhören«.