Bettina Mihr
Kulturelles Gedächtnis zwischen Normalitätssehnsucht und Trauerdefizit
Eine psychoanalytisch-sozialpsychologische Studie zur deutschen Erinnerungskultur
EUR 49,90
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Buchreihe: Forschung Psychosozial
Verlag: Psychosozial-Verlag
417 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
ISBN-13: 978-3-8379-2623-1, Bestell-Nr.: 2623
Die Deutschen, so das allgemeine Credo, seien nun, nachdem sie
hinsichtlich ihrer verbrecherischen Vergangenheit eine erfolgreiche
Trauerarbeit geleistet hätten, ein »ganz normales Volk«. Die
vorliegende Studie zur deutschen Erinnerungskultur tritt dieser
Überzeugung mit der These entgegen, das »kulturelle Gedächtnis« der
Deutschen sei durch eine von einer Sehnsucht nach »Normalität«
getragene Trauerabwehr geprägt.
Diesen von Normalitätssehnsucht und Trauerdefizit gekennzeichneten
»deutschen Zustand« stellt die Autorin in Kontrast zu einem Konzept
gelingender Trauerarbeit, welches die Erarbeitung der depressiven
Position, die Auflösung innerfamiliär wirksamer Gefühlserbschaften
oder sekundär-antisemitischer Einstellungen einfordert. Es umfasst
die Bereiche Erziehung, Bildung, Ökonomie und politische
Identitätsbildung und führt, ohne jegliche Relativierung, zur
Anerkennung deutscher Schuld und des unabänderlich Unnormalen der
deutschen »Normalität«.
Inhaltsverzeichnis
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Inhalt
Einleitung
I. Zur Arbeitsmethode
I.1 Grundsätzliches
I.2 Spezifisches – Exkurs
I.2.1 Zur Kollektivierung
individualpsychologischer Phänomene und einer tiefenhermeneutischen
Kulturanalyse
I.2.2 Zur Kollektivierung individualpsychologischer Phänomene
I.2.3 Exkurs: Zur Theorie und Methode der tiefenhermeneutischen
Kulturanalyse nach Alfred Lorenzer
II. Trauer und Melancholie, Trauerarbeit und
melancholische Arbeit, Trauma und Traumabearbeitung, Trauerdefizit
und Normalitätssehnsucht
II.1 Trauer, Melancholie und Trauerarbeit bei Sigmund
Freud
II.1.1 Sigmund Freud zu »Trauer und
Melancholie«
II.1.2 S. Freuds Arbeiten zu ›Trauer,Melancholie und Trauerarbeit‹
– Ergänzungen und Erweiterungen
II.2 Zu entwicklungspsychologisch relevanten
Voraussetzungen und Bedingungen von Trauer und Trauerarbeit
II.3 Zur Erziehung im Dritten Reich und ihrer Bedeutung für eine
deutsche Trauer(un-)fähigkeit
II.3.1 NS-pädagogisches
›Kampfgebiet Kind‹
II.3.2 Zur Entwicklung der inneren Objektwelt, ihrer Relevanz für
eine Trauerfähigkeit und diesbezüglichen Auswirkungen von
NS-Erziehung bzw. nationalsozialistisch geprägten
Eltern-Kind-Beziehungen
II.4 Das Trauma – zu Definitionen, Ursachen, Symptomen,
Folgen
II.4.1 Das Posttraumatische
Belastungssyndrom(PTBS)
II.4.2 Zum Begriff des Traumas in der Psychoanalyse – Allgemeines
und NS-Zeit-Spezifisches
II.4.3 Zur Traumatisierung von Kindern und Jugendlichen in der
NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg
II.4.3.1 Exkurs: Symbiose oder interaktionelle Harmonie?
Überlegungen im Kontext einer Betrachtung der
NS-Mutter-Kind-Beziehung
II.4.3.2 Auswirkungen einer (Kriegs-)Kindheit im
Nationalsozialismus – Ergebnisse einer Untersuchung deutscher
Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker
II.4.4 Überlegungen zum Begriff des ›kollektiven Traumas‹ bzw. zur
Traumatisierung eines Kollektivs
II.4.4.1 Zur Traumatisierung des deutschen NS-Kollektivs
II.4.5 Zur NS-Zeit bezogenen Korrelation von Trauer(-arbeit) und
Trauma(-bearbeitung)
II.4.6 Zur transgenerationellen Weitergabe
traumainduzierter/trauerdefizitärer Prozesse
II.5 Zu Alexander und Margarete Mitscherlichs Analyse der
›nicht betrauerten‹ deutschen NS-Vergangenheit und ihren
Folgen
II.5.1 Zur Kritik an der Mitscherlichschen
Analyse im Kontext der Überlegungen Christian Schneiders
II.5.1.1 Zur deutschen Kollektivschuldhypothese
II.5.1.2 Zu Adorno-Bashing, Mitscherlich-Kritik, der Sehnsucht nach
›Eigentlich-Werdung‹ und
dem Plädoyer für eine neue Erinnerungskultur
II.5.1.2.1 Zum Bemühen um eine Demontage Adornos
II.5.1.2.2 Zur Kritik am Mitscherlichschen Trauerbegriff –
Definitionsversuche
II.5.1.2.3 Sehnsucht nach Demarkation als Ausdruck der Sehnsucht
nach Normalität
II.5.1.2.4 Zum Plädoyer für eine neue Erinnerungskultur
II.5.1.3 ›Brüder im Geiste‹ – Christian Schneider und Martin
Walser
II.5.1.4 Schuldlos-Schuldige? – Martin Walser und Günter Grass
II.5.1.5 Nicht nur zwischen Scham- und Schuldkultur – Martin
Walsers ›Paulskirchenrede‹ und ihre Implikationen
II.5.2 Zur Bedeutung der Opferidentifizierung der Nachkommen des
Täter- und Mitläuferkollektivs
für die deutsche Erinnerungskultur
II.5.3 Trauer und Erinnerung – Ergänzendes zur Kritik an der
Mitscherlichschen Analyse
II.6 Trauerdefizit und
Normalitätssehnsucht
III. Das kulturelle Gedächtnis
III.1 Zu den Theorien des ›Mémoire collective‹ von Maurice
Halbwachs und des ›Kulturellen Gedächtnisses‹ von Jan und Aleida
Assmann
III.1.1 Zur Theorie des ›Mémoire collective‹
von Maurice Halbwachs
III.1.1.1 Die soziale Bedingtheit des individuellen
Gedächtnisses
III.1.1.2 Kollektive Vergangenheitskonstruktion im Kontext von
intergenerationellem Gedächtnis und religiöser Verortung
III.1.2 Zur Theorie des ›Kulturellen Gedächtnisses‹ von Jan und
Aleida Assmann – Darstellung und Kritik einer Theorie unter
Berücksichtigung ihrer trauerdefizitären Anteile
III.1.2.1 Zwei Formen des kollektiven Gedächtnisses: kommunikatives
und kulturelles Gedächtnis
III.1.2.2 Kulturelles Gedächtnis, Schrift und politische
Identität
III.1.2.3 Integration und Distinktion: Konfliktpotenziale im
Kontext kultureller Steigerungsprozesse – eine kritische
Reflexion
III.1.2.3.1 Zu theoretischen Überschneidungen zwischen Ethologie,
Kulturtheorie und neu-rechtem Denken
III.1.2.3.1.1 ›Pseudospeziation, Arterhaltung, Homogenität,
Assimilierung‹ – zu Symptomen des Trauerdefizits
III.1.2.3.2 Zwischenbemerkung
III.1.2.3.3 Zur politischen Bedeutung von ›Bildung‹ im Kontext von
Integration und Distinktion
III.1.2.3.4 Integrative und distinktive Steigerungsformen – Jan
Assmanns Kritik an Arnold Gehlen und Wilhelm E. Mühlmann
III.1.2.3.5 Sakralisierung der Identität und Opferkonstruktion im
Kontext des Mythos ›Vertreibung‹
III.1.2.4 Vorstellungen von Gedächtnis als ›ars‹ und ›vis‹ sowie
die Erinnerungsmodi ›Funktions- und Speichergedächtnis‹ (nach
Aleida Assmann)
III.2 Das Unbewusste in der Kultur – Zu Freuds Konzeption
des ›Kulturellen Gedächtnisses‹ und dessen Relation zu Trauma,
Schuld und Tradition
III.2.1 Der Mann Moses und die
monotheistische Religion
III.3 Exkurs: Das
Unbewusste in der Kultur im Kontext von psychoanalytischer
Kulturtheorie und kulturwissenschaftlicher
Gedächtnistheorie
IV. Zur trauerdefizitär-normalitätssehnsüchtigen
Bedeutung aktuell wirksamer deutscher Mythen
bzw. aktueller Mythologisierungen
IV.1 Politikwissenschaftliche Mythos-Definitionen
IV.2 Zu deutschen Mythen,Mythendefizit und Gegenmythen
IV.3 ›1989‹ und DDR-Nostalgie – ein kathartischer Mythos und seine
Umdeutung
IV.4 Opfermythos, Sakralisierung und gewähltes Trauma
IV.5 Mythos und Militär – zu NS-vergangenheitsgeprägten
Manifestationen einer ›natürlichen‹ Allianz
IV.5.1 Zu
Aspekten deutscher Militärpolitik, ihrer zivilen (Nicht-)Einbettung
und ihren Folgen
IV.5.2 Deutsche Emanzipationsbestrebungen und ihre Verwurzelung in
der NS-Vergangenheit
IV.5.3 Heldentum und Opfertod,Widerstand und Ehrenmal
IV.5.4 ›Tapferkeitsmedaille‹ statt ›Eisernes Kreuz‹
IV.5.5 Heldentum und Nationalstolz – Symptome narzisstischer
Deformierung
IV.6 Mythos ›Dresden‹, Mythos ›Frauenkirche‹
IV.7 Mythos-Ersatz ›Verfassungspatriotismus‹ und andere
Mythenäquivalente
V. Schlussbetrachtung
Literatur
(Weitere) Internet- und sonstige
Quellen
Erwähnte Filme