Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie Heidelberg-Mannheim und Heidelberger Institut für Tiefenpsychologie (Hg.)

Psychoanalyse im Widerspruch Nr. 47: Psychoanalyse zwischen Aus- und Bildung II

Nr. 47/2012

EUR 19,90

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Zeitschrift: Psychoanalyse im Widerspruch (ISSN: 0941-5378)

Verlag: Psychosozial-Verlag

134 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm

Bestell-Nr.: 8077

Die »Psychoanalyse im Widerspruch« hat eine Denkfigur der Psychoanalyse zu ihrem Programm gemacht: die Kontroverse - denn seit 1900 ist kein Kernbegriff dieser unruhigen Disziplin widerspruchslos akzeptiert worden. Seit der Gründerzeit reizen ihre Aussagen in der Gesellschaft zum Widerspruch. Und für die Psychoanalyse als Theorie innerer und äußerer Konflikte ist das Widersprechen essentiell.

Zu den thematischen Schwerpunkten der Zeitschrift zählen die Geschichte der Psychoanalyse in Europa und auf anderen Kontinenten, gesellschaftspolitische und kulturtheoretische Probleme, Kunst und Film, klinische Fragestellungen sowie die Aktualität der Psychoanalyse im interdisziplinären Netzwerk. Zuvor unveröffentlichte Dokumente Sigmund Freuds und anderer historischer Figuren der Psychoanalyse tragen ebenso zum Profil der Zeitschrift bei wie Texte von Marie Langer, Mark Solms, Emilio Modena, Léon Wurmser, Micha Brumlik, Rolf Vogt, Paul Parin oder Antonino Ferro. Über die Beiträge zu den Schwerpunktthemen hinaus bietet die Zeitschrift Rezensionen und Veranstaltungshinweise.

Diese Publikation enthält:

Inhaltsverzeichnis

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Inhalt


Editorial

Marianne Leuzinger-Bohleber
Psychoanalyse an der Universität. Persönliche Reflexionen ihrer Geschichte von 1971–2011 an der Gesamthochschule/Universität Kassel und am Sigmund-Freud-Institut, Frankfurt

Jutta Kahl-Popp
Idealisierung, Überich-Scham und Erkenntnisbildung. Anmerkungen zum Lernen und Lehren in der psychoanalytischen Ausbildung

Henning Schauenburg, Achim Kriebel, Michael Schwab & Wolfgang Herzog
Das Heidelberger Institut für Psychotherapie (HIP) – Ein neues psychodynamisches Ausbildungskonzept

Mathias Hirsch
Humor, Ironie und Spott in der analytischen Psychotherapie

Rolf Klüwer
Einführung in das fokale Arbeiten. Was zukünftige Leiter (und nicht nur diese) darüber wissen sollten

Konstanze Müller-Gerlach
Das Arbeiten mit und in einer Fokalkonferenz. Eine Würdigung der Zusammenarbeit mit Rolf Klüwer

Hans Becker
Horst-Eberhard Richter (24. April 1923 – 19. Dez. 2011) – Der Kulturoptimist

Filmbesprechung

Veranstaltungen

Filmkalender: Psychoanalytiker/innen diskutieren Filme

Autorinnen und Autoren dieses Heftes


Zusammenfassungen und Abstracts

Jutta Kahl-Popp

Idealisierung, Überich-Scham und Erkenntnisbildung. Anmerkungen zum Lernen und Lehren in der psychoanalytischen Ausbildung


Zusammenfassung: Erkenntnisprozesse beruhen auf bewußten und unbewußten Lernvorgängen. In der klinischen Situation sowie in der Ausbildung zum Psychoanalytiker ist die Tiefe der Erkenntnisbildung abhängig vom individuellen Sicherheitsgefühl. Widerstände gegen die psychoanalytische Erkenntnisbildung sind in der Ausbildung (und in der klinischen Praxis) zu berücksichtigen. Sowohl zu ihrer Festigung als auch zu ihrer Überwindung können die Idealisierung der Psychoanalyse, sowie Überich-Scham und Beschämung beitragen. Für die zukünftige Konzeption psychoanalytischer Ausbildung wird vorgeschlagen, Freuds Junktim durch »Lernen« zu ergänzen. An einem solchen Junktim: Forschen – Lernen – Heilen ist die Lehre auszurichten.

Abstract: Idealization, superego-shame and the growth of knowledge – some remarks on learning and teaching in psychoanalytic education. The process of gaining knowledge is based on conscious and unconscious learning processes. In the clinical situation as well as in psychoanalytic education the depth of knowledge depends on the individual feeling of security. Resistances against psychoanalytic knowledge should be considered in education and clinical practice. Idealization of psychoanalytic knowledge or of training analysts and supervisors, as well as superego-shame and humiliation play a central role in sticking to resistances or in overcoming them. For future conception of psychoanalytic education it will be proposed to supplement Freud’s connection of investigation and healing by learning. Epistemologically, teaching of psychoanalysis should follow this supplemented connection of investigation – learning – healing.

Henning Schauenburg, Achim Kriebel, Michael Schwab & Wolfgang Herzog
Das Heidelberger Institut für Psychotherapie (HIP) – Ein neues psychodynamisches Ausbildungskonzept

Zusammenfassung: In der Folge des Psychotherapeutengesetzes und der sich verändernden Rahmenbedingungen für die ärztlich-psychotherapeutische Qualifikation nahm die Nachfrage nach psychoanalytisch begründeter Aus- und Weiterbildung dramatisch ab. Neben der Annahme sich hier auswirkender veränderter gesellschaftlicher Bedingungen, Verfassungen und Stimmungen wurden lange die veränderten Lebens- und Bedürfnislagen der möglichen Interessenten unterschätzt. Veränderungen der universitären Situation (wie im Vorheft dieser Zeitschrift diskutiert) sowie des wissenschaftlichen Feldes (etwa unter dem Einfluss der Psychotherapieforschung und der
Neurowissenschaften) sind zu berücksichtigen, wenn es darum geht, aktuelle und attraktive Qualifikationsangebote zu entwickeln. Der Artikel beschreibt den Prozess der Gründung des neuen Instituts und seine ersten Erfahrungen unter diesen Gesichtspunkten.

Abstract: The demand for psychoanalytic training has fallen dramatically in the wake of the new law on psychological psychotherapy and of changing conditions in the field. Besides changed social and cultural circumstances, the changing interests and wishes of potential candidates have been underestimated also. Changes in the university settings and in the scientific field (following results in psychotherapy and neurobiological research) have to be taken into account while developing adequate and attractive offers for psychotherapeutic qualification. In the light of these circumstances we describe the process of establishing the new training institute and its first experiences.

Mathias Hirsch
Humor, Ironie und Spott in der analytischen Psychotherapie

Zusammenfassung: Der Autor definiert und untersucht Begriffe des Komischen wie Humor, Witz, Ironie, auch Spott. Dabei wird auf Freuds grundlegende Gedanken und auf Martin Grotjahn, der Freud erweitert, Bezug genommen. Zum Witz gehört das Lachen, er richtet sich an ein Publikum und sublimiert Aggression; der Humor begnügt sich mit einem Lächeln und kann auf Öffentlichkeit verzichten, er ist gewährend, Über-Ich-entlastend. Ironie und Selbstironie sind Mittel, unangenehme oder aggressive Zustände dadurch erträglich zu machen, daß man ihr Gegenteil ausdrückt, jemandem zustimmt, sich aber gleichzeitig abgrenzt. Ironie mildert überwältigende Affekte bereits in der Mutter-Kind-Interaktion (Fonagy); eine ähnliche Funktion bekommt Ironie in der therapeutischen Interaktion. Spott, wie gutmütig auch immer, ist dagegen stets ein Angriff; vom Therapeuten verwendet, löst er im Patienten aggressive Reaktionen aus, die oft förderlich sind, u.a. da Änderungen von habituellen Verhaltensweisen (auch Hirnstrukturen) oft nur in Verbindung mit heftigen Affekten zu erwarten sind (Roth). Unter Ich-Kontrolle eingesetzt, auch besonders in der Gruppenpsychotherapie, ähnelt die Verwendung von Ironie und mildem Spott dem Gebrauch von Metaphern und psychodramatischer Interaktion mit dem Ziel, die Symbolisierungsfähigkeit schwerer gestörter Patienten zu fördern.

Abstract: The author defines and explores definitions of the comic like humour, fun, irony, and mockery or ridicule. He refers to basic thoughts of Freud and Martin Grotjahn, who broadened Freud’s thoughts. To funny jokes belongs laughter, directed to an audience, whereby aggression is sublimed; humour suffices itself with a smile and needs no public/audience, it is granting and reducing super-ego demands. Irony and being self-ironic reduces uncomfortable and aggressive states by causing contradicition, although at first sight it seems to go conform, it puts a distance and keeps the other apart. Irony moderates overwhelming affects already in early parental-child-interaction (Fonagy); it can have a similar function in therapeutic interactions. Ridicule or mockery even in it’s milder forms is on the contrary always an attack; if a therapist uses mockery, it activates aggressive reactions in the patient, which are often useful, especially considered that changes of habits or habitual thinking (also brain functions) can often only be expected in combination with strong emotions (Roth). When irony and mild mockery are used under ego-control, especially in group-psychotherapy, it resembles using metaphors and psychodramatic interaction to help more severely disturbed patients to develop the ability to symbolize.